Akademie der Künste Sehen und Denken 22 treppen. fliegen. köpfen. worten Urs Jaeggi. Unter der Treppe Wer auf einer freien Treppe bis zur letzten Stufe hochsteigt, möchte weiter. Fliegen. Abheben. Schweben. Wer eine Treppe hinuntersteigt, gerät leicht ins Dunkle, Abgründige, Schwarze. In meinem Elternhaus gab es unter der Treppe einen Nichtraum, der mit vielerlei überflüssig Gewordenem vollgestopft war, und trotzdem Unterschlupf bot. Man war, tauchte man dort ein, verschwunden, hörte von oben Gemurmel, Rufe, Schritte, das Telefon klingelte. Oder alles blieb ruhig. Man war im Gehäuse eines Gehäuses. Der mufflige Geruch der Farbtöpfe, Kartons, Altkleider, Schuhe betäubte und betörte. Riechen, Tasten, Spüren und im Fastdunkeln aus den Konturen Dinge formen. Träumen. Alles ist fremd. Alles ist dein. Aufregend.Das Projekt Der Raum in der Akademie unter der Treppe ist für Ausstellungen schamlos offen. Die Unterseite der Treppe zu den grösseren Ausstellungsräumen steigt frei in den Raum, das Übrige ist Zutrittsterrain zu den hinteren Räumen. Werkrealisierung im Unwirtlichen. Trotz- dem auch hier: der Nichtort reizt. Meine erste und jetzt auch realisierte Idee: zur einladenden vorderen Treppe hinten eine Gegentreppe stellen, die den in den Raum hineinragenden Treppenkeil aufhebt und unter der Treppe ein zweite Treppe setzt. Aus dem Durchgangs- raum wird ein Platz. Obwohl die Treppe den Raum reduziert, öffnet sie ihn, und grenzt ein. Das Gestell (die Installation), inszeniert einen Ort, der die Objekte und die Akteure einbindet. Nichts ist eingerahmt. Die (Leinwand)fetzen fliegen, obwohl sie an der Wand kleben. Die „Köpfe“ sind keine Köpfe (es sind aus dem Abriss für den Louvre-Umbau des Vorplatzes auf den Schutthaufen geworfene Ballustradentrümmer) und Mauertrümmer. Wörter verirren sich, werden Bilder. Wie in einem Atelier steht Geordnetes neben Fremdem. Wie ein Atelier enthüllt und verhüllt der Raum Geheimnisse. Sehen. Denken. Finden. Verschwinden. treppen. fliegen. köpfen.worten.
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© Urs
Jaeggi / Website: Universes in Universe & María Linares |