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Für den Pavillon Venezuelas waren ursprünglich Javier Téllez und Pedro Morales ausgewählt worden. Téllez zog seine Teilnahme im Februar 2003 aus Protest gegen die Politik der Regierung zurück (siehe seinen offenen Brief).
Daraufhin sollte Pedro Morales allein ausstellen. Kurz vor Beginn der Biennale erregte seine Arbeit das Missfallen der venezolanischen Kultur-Administration. Deshalb durfte sie nicht gezeigt werden und der Pavillon Venezuelas blieb geschlossen.
Dazu erklärte uns Pedro Morales in einem Interview:
Am 31. Januar 2003 erhielt er die Nachricht, dass er von der
Jury als einer der beiden Künstler ausgewählt worden
ist, die Venezuela bei der Biennale von Venedig vertreten sollen.
Im März wurde er gebeten, seinen Vorschlag zu erweitern,
da der andere Künstler, Javier Téllez, abgesagt hatte.
Immer wieder wies man ihn auf Probleme mit dem Budget hin. Morales
gelang es aber, das Geld privat zu beschaffen.
Anfang Mai wurde er aufgefordert, einige Bilder zu entfernen
oder einige Konflikt beladenen Inhalte auszutauschen. Morales
entgegnete darauf, er würde "nicht einen Pixel"
seines Werkes ändern, denn dieses "ist schon fertig
und ich bin stolz auf das, was ich unterbreite". Erst über
die Presse erfuhr er von einem offiziellen Kommuniqué vom
22. Mai, in dem stand, dass der stellvertretende Kulturminister
die Teilnahme von Morales und damit auch die von Venezuela an
der Biennale von Venedig abgesagt hatte, weil er in dessen Werk
einen Angriff auf das Image des Landes sieht.
Auf unsere Frage nach den bemängelten Inhalten, beschrieb
uns Morales seine Arbeit und gab einige Beispiele für die
Absurdität solcher Anschuldigungen:
Sein Werk mit dem Titel "City Rooms" ist eine interaktive
Medienarbeit, durch die sich der Betrachter bewegt, wobei in jedem
Raum verschiedene Elemente aktiviert werden. Die Inhalte sind
sozialer Natur, sie reichen vom Politischen über Sexualität
bis zum Religiösen und schließen auch Humors, das Schicksal
und Gewalt ein.
In einer Sequenz dreht sich eine Münze zu 1 Bolívar
im Raum, und irgendwann wird sie von Fliegen umschwirrt. Der Ausdruck
"mosca" (Fliege) wird in Venezuela im Sinne von "Achtung",
gebraucht, etwa dem Englischen "Warning" entsprechend.
Wie Morales erzählte, wurde das von den offiziellen Stellen
aber so interpretiert, als ob er den Libertador (Befreier, Ehrenname
von Simón Bolívar, dessen Kopf auf der Münze
erscheint) als "Müll" oder noch Schlimmeres präsentieren
würde. Von offizieller Seite sei sogar erklärt worden,
sein Werk würde zur Ermordung des Präsidenten aufrufen.
Und das nur wegen einer Sequenz, die den Präsidenten als
Puppe der Muppet-Show zeigt, der eine Frau einen Hieb mit einem
Kochtopf verpasst.
Morales schließt: "Ironischerweise sind es bei dieser
Biennale mit dem Thema 'Die Diktatur des Betrachters' die offiziellen
Betrachter der Kultur in Venezuela, die mein Werk zensiert haben."
Zu den Bändern aus Fahnen, mit denen der Pavillon abgesperrt
war, erklärte der Künstler, sie stammen von einem Verein
in Venezuela, der sich "Leute der Kultur" nennt und
bei dessen Protestaktionen die Teilnehmer Fahnen mitführen,
die aneinander genäht sind, so dass sie wahre Ströme
von Flaggen bilden. "Sie haben mir diese Fahnen als Zeichen
der Solidarität gegeben".
Weitere Informationen von Universes in Universe:
Venezuela - Biennale Venedig 2009
Daniel Medina, Bernardita Rakos, Magdalena Fernández, Colectivo Todos somos creadores
Venezuela - 49. Biennale Venedig, 2001
Venezuela: Kunst
Die visuellen Künste Venezuelas in Universes in Universe.
Venezuela: Künstlerindex
Die Künstler aus Venezuela in Universes in Universe.
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Giardini di Castello, siehe Karte
Der Pavillon blieb geschlossen.
Komissarin, Kuratorin: Maria Luz Cárdenas
Co-Kommissare: Javier Cerisola Vivian Rivas
Künstler: Pedro Morales
* 1958 Maracaibo, Venezuela.
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Infos & Fotos |
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