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Olu Oguibe - Statement
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Women of Substance
(Wichtige Frauen)
Ein Kanon in Progress

Olu Oguibe

"Wichtige Frauen" ist eine Installation, die aus 100 Gemälden besteht. Es ist ein persönlicher Kanon, der 100 bemerkenswerte Frauen ehrt, die dem 20. Jahrhundert Charakter und Visionen gegeben haben. Die Frauen sind aus verschiedenen Kulturen und Backgrounds der Welt ausgewählt und repräsentieren unterschiedliche Berufe und Tätigkeiten. Es sind Wissenschaftlerinnen und Sängerinnen, Erziehungswissenschaftlerinnen und Politikerinnen, Lehrerinnen, Künstlerinnen und andere mehr.

Kanonisierung ist natürlich eine patriarchalische Beschäftigung und eine, die fast immer Männern den Vorrang vor Frauen gibt. Freilich ist dies ein zweifelhaftes Unterfangen, aber es hat insofern seinen Nutzen, als dass es die Erinnerung verankert und - zumindest als Nominalwert - Fähigkeit anerkennt und würdigt.

Das Projekt liegt auf der Linie eines großen Teils meines Schaffens, der auf das Gedenken konzentriert ist. Es steht vor allem mit meiner jüngsten Arbeit in Zusammenhang, in der ich die Position des Ordnenden Subjekts einnehme, mit dem Vorzug, mich zur Geschichte, zu Kulturen und Gesellschaften artikulieren zu können. Oft habe ich das Ziel, solche ordnenden Systeme zu untersuchen, teilweise durch Ironie und teilweise durch Erwiderung.

Wie dem auch sei, in "Wichtige Frauen" ist es meine Absicht, durch eine künstlerische Geste aufzuzeichnen, und das genauso ernsthaft, wie es mein Interesse ist, Kanonisierung als eine patriarchalische Tradition und als Prozess zu hinterfragen. In seinen Details soll das Projekt nicht nur ein kritisches Unterfangen, sondern auch eine lernende Begegnung sein. Denjenigen, die damit interagieren, soll das Entdecken, Schätzen und Erwerben neuen Wissens über bislang nicht vertraute Individuen, Kulturen und historische Momente ermöglicht werden.

"Frauen" ist auch ein Essay über Malerei, der Historienmalerei neu definiert, indem er sie jenseits des singulären, monumentalen Objekts oder Moments in das Terrain des Epochalen und Enzyklopädischen stellt. In dem Werk hat die Historienmalerei nicht mehr mit einem einzelnen Ereignis oder Protagonisten zu tun. Sie ist eine Auseinandersetzung mit einer gesamten Epoche, die sich über die Zeit hinweg ausbreitet, und mit den vielfältigen Erzählungen, die diese Epoche ausmachen. Das Werk ist deswegen ein Geschichtsbild oder besser gesagt, eine Geschichts-Installation. In "Wichtige Frauen" geht es nicht um Porträtmalerei.

Ich bin besonders glücklich darüber, dass in Kuba die erste öffentliche Präsentation von "Wichtige Frauen" statfindet, denn die ersten zwei Individuen, die ich im Projekt geehrt habe, sind Kubanerinnen: Haydeé Santamaría und Celia Sánchez. Beide kämpften neben Castro und Guevara während der Revolution und widmeten ihre Leben danach dem Allgemeinwohl. Santamaría und Sánchez verkörperten das Beste der menschlichen Gattung im 20. Jahrhundert. Wie alle anderen Personen in "Wichtige Frauen", halfen sie, ein besseres Jahrhundert zu gestalten und verdienen ihren Platz in der Geschichte.

Mit "Wichtige Frauen" begann ich während eines Künstleraufenthaltes im World Trade Center in New York, unter der Schirmherrschaft des World Views Artists Residency Program des Lower Manhattan Cultural Council, dem ich dafür zu Dank verpflichtet bin.

New York City, 2000

© Text, 2 Fotos: Olu Oguibe
Übersetzung, Foto oben rechts:
Gerhard Haupt & Pat Binder,
Universes in Universe
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Oguibe - 1 Rundgang

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